Chronik aus der Festschrift „125 jähriges Bestehen“
125 Jahre alt wird in diesem Jahr die Turnerschaft Bendorf, damals – 1861 – gegründet unter der Bezeichnung „Allgemeiner Turnverein“. Man muss sich verdeutlichen, was 125 Jahre für eine Zeitspanne bedeuten! Zur Gründungszeit der Turnerschaft Bendorf gab es noch keinen Staat mit dem Namen „Deutschland“, erst zehn Jahre später sollte das Deutsche Reich gegründet werden. Damals war Bismarck noch nicht einmal Ministerpräsident von Preußen. Auch das tägliche Leben, das Leben des Bürgers, hat sich seit dem beinahe unvorstellbar gewandelt. Elektrizität im Haushalt gab es natürlich noch nicht, schließlich war der Dynamo noch gar nicht erfunden und in den Fabriken trieben gewaltige Dampfmaschinen dröhnende Dampfhämmer an. Mutige Arbeiter, die sofortige Entlassung, ja Verhaftung riskierten, forderten eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 12 Stunden – an 6 Werktagen jeweils!Welche Energie gehörte dazu, bei Wochenarbeitszeiten von 70 Stunden noch Sport treiben zu wollen! Dennoch war Sport für den Arbeiter geradezu eine Notwendigkeit, nicht als Freizeitvergnügen, sondern als Maßnahme zur Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Der Gesundheitszustand schon der jungen Arbeiter war mehr als schlecht.
Es ist allgemein bekannt, dass „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn mit der Eröffnung des Turnplatzes auf der Hasenheide bei Berlin den Anfang machte. In frischer Luft und bei frohem Spiel sollte die Möglichkeit gegeben werden, die Glieder zu recken, die Fröhlichkeit und den Lebenswillen zu stärken. Und schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts trugen sich auch in Bendorf die ersten Bürger mit dem Gedanken an die Gründung eines Turnvereins. Es entstanden Vereine mit den Bezeichnungen „Germania“ und „Eintracht“, die in der Restaurationszeit nach dem Revolutionsjahr 1848 verboten und verfolgt wurden. Turnvereine gelten als demokratisch und damit als revolutionär…
Einige Jahre später durfte dann wieder geturnt werden. Jetzt wird in Bendorf ein neuer Verein gegründet: der Allgemeine Turnverein von 1861.
Aus dieser Periode ist bekannt, dass Heinrich Schwarz der Hauptgründer des Turnvereins Bendorf 1861 gewesen sein muss, sagte doch auf der goldenen Jubelfeier des Vereins im Jahre 1911 W. Kill nach einem Bericht der Bendorfer Zeitung: „Wir gedenken derer, die in unserem Verein im Sinne Jahns das große Werk weitergeführt und ihre besten Kräfte dem Dienste des Vereins widmeten. Da tritt uns ganz besonders die Gestalt des Gründers unseres Vereins, unseres verstorbenen Ehrenmitgliedes Heinrich Schwarz entgegen. Er war ein echter Jünger Jahns, ein echter deutscher Mann und ein wahrhaftiger Freund der turnenden Jugend. Was er für unseren Verein getan, soll nie vergessen werden und sein Name steht mit goldenen Lettern in der Geschichte des Vereins und vor allem in unserem Herzen geschrieben…“
„Turnen“ hieß schon damals nicht ausschließlich „Geräteturnen“. Schnell bildeten sich Abteilungen im ATV Bendorf, wie er genannt wurde, die sich mit Gesang, mit Wandern, mit Tauziehen, ja sogar mit Theaterspielen beschäftigten! So wundert es nicht, dass der Bendorfer Männergesangverein von der Gesangsriege des ATV Bendorf gegründet wurde! Auch die freiwillige Feuerwehr ist aus unserem Allgemeinen Turnverein hervorgegangen. Die Bendorfer Bürger schätzten den Verein, der schon damals freiheitliches Denken und Weltoffenheit mit vaterländischer Treue verband. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass damals Deutschland im Entstehen war und dass Worte wie „vaterländische Treue“ noch nicht durch viel spätere Ereignisse einen Beigeschmack hatten.
Gründung des Rhein-Mosel Gaues
Von Anfang an waren Sportler dabei, die den Sport mehr zum Ausgleich betrieben und Sportler, die ihre Kraft im Wettstreit messen wollten. Was 100 Jahre später als „Zweiter Weg“ gefunden wurde und sich heute als Trimm-Idee manifestiert, war damals schon selbstverständlich, wenn auch in anderer Ausprägung.
Für den Wettkampf aber braucht man Gegner. Da lag es nahe, Kontakte mit benachbarten Sportvereinen herzustellen. So trafen sich 1863 im damaligen Lokal Oster in der Engerser Straße der ATV 1861 Bendorf, der TV Braubach, der TV Cochem, der TV Höhr-Grenzhausen und der TV Neuendorf. Diese Vereine hoben den Rhein-Mosel-Gau aus der Taufe. Nun konnte man auf vielen Turnfesten miteinander wetteifern, aber auch Geselligkeit pflegen.
Schon damals hatten die Turner aus Bendorf einen guten Ruf! Bekannte Namen gab es im Laufe der Zeit: Heinrich Gieß, Philipp Kunz, Hermann Bernhard, Oswald Weyand, Christian Schumacher, Simon Lohrum, Fritz Debrich, Willy Wambach, Willy Debrich, Otto Gieß, Werner Klingenberg, Josef Klöckner, Peter Schmidt
Abspaltung des TV Bendorf
Streitigkeiten, Reibereien unter den zahlreichen Mitgliedern führten 1890 zu einer Zersplitterung: der TV Bendorf wurde gegründet. Simon Lohrum und Fritz Debrich zählten zu den Gründern, die 5 Jahre später bereits 59 Turner zu ihren Mitgliedern zählen konnten.
Aber wie so oft, waren auch hier beide Teile schwächer als das Ganze, erst nach dem späteren Zusammengehen sollte die alte Größe wieder erreicht werden.
1911 – ein großes Jahr in der Geschichte der Turnerschaft Bendorf
Anlässlich seines 50jährigen Bestehens richtet der ATB 1861 das 3. Gauturnfest aus. Eine solche Veranstaltung, ein derartiges Fest hatte man in der ganzen Umgebung noch nicht erlebt. Allein am Festzug durch die wundervoll geschmückten Straßen Bendorfs nahmen 110 Vereine teil. Drei Jahre vor Beginn des ersten Weltkrieges fand sich die Jugend des Turn-Gaues zu einem unvergesslichen Fest in Bendorf ein, viele von denen, die für Jahrzehnte hinaus sich verbunden zu sein wähnten, sollte einige Jahre später der Rasen decken…
Ein ausführlicher Bericht aus der „Bendorfer Zeitung“ aus dem Jahre 1911 lässt uns noch einmal das bunte Treiben in den Straßen unserer Heimatstadt im Geiste miterleben:
„An dem Festzug, der sich abends vom Marktplatz aus in Bewegung setzte, beteiligten sich neben den vielen Gastvereinen auch sämtliche Ortsvereine. Unter dem Vorantritt der Kapelle des 9. Fußartillerieregiments marschierte der Zug nach einem kurzen Umzug durch die Stadt zum Festplatz, der sich bald mit Gästen füllte.
Nach dem ersten Musikstück betrat der Ehrenvorsitzende W. Lang das Podium zur Begrüßungsansprache. Er entbot allen, die gekommen waren, das Goldene Jubiläum des Vereins mitzufeiern, ein herzliches Gut Heil und sprach zunächst Herrn Landrat von Stedmann Dank aus für seine Liebenswürdigkeit, das Protektorat über das Fest zu übernehmen. Ferner sagte er Dank dem Ehrenausschuss, der Gemeinde Bendorf, dem Festausschuss, den Zeichnern des Garantiefonds, den Vereinen von Bendorf, ganz besonders aber den fremden Vereinen und Turnern. Alle Alltagssorgen sollen bei dieser frohen Festfeier vergessen bleiben und gemeinsam wollen wir uns freuen, einer edlen Sache zuliebe! Treu und unerschütterlich wolle der Verein allezeit den Turner- und Fahnenspruch halten: „Frisch, fromm, fröhlich, frei!“ Seine Worte klangen aus in einem begeistert aufgenommenen Hoch auf seine Majestät den Kaiser.
Der musikalische Teil der Feier, der von Herrn Musikmeister Prellberg mit seiner vorzüglichen Kapelle in bekannt meisterhafter Weise ausgeführt wurde, erhielt eine angenehme Abwechslung durch die Liedvorträge der hiesigen Gesangsvereine Cäcilia, Liedertafel, Knappenverein Glückauf und Bendorfer Männergesangverein. Sie wurden alle ihrer Aufgabe in einem Maße gerecht, dass man auf ihre Leistungen stolz sein konnte. Die Festrede hielt Herr W. Kill.
So führte W. Kill in seiner Festrede aus: „ Es sei weiter des schon verstorbenen Ehrenmitgliedes Becker gedacht. Als ein wahrer Menschenfreund und Wohltäter steht auch sein Name in unseren Herzen unvergesslich eingeschrieben.
Wir haben weiter die Ehrenpflicht der überaus treuen Mitarbeit unseres langjährigen Mitgliedes, unseres Ehrenvorsitzenden Wilhelm Lang zu gedenken, der 15 Jahre lang in aufopfernder Tätigkeit in schweren Zeiten an der Spitze unseres Vereins gestanden hat, ihm zur Seite als getreuer Kampfgenosse unser stellvertretender Vorsitzender Hermann Bernhard, dem wir anfangs d. J. zum 25. Male ein Vorstandsamt übertragen durften und dann unseren seitherigen Vorsitzenden, unser jetziges Ehrenmitglied Ernst Kaiser, der 6 Jahre lang in treuer Weise die Geschicke des Vereins leitete und weiter unsere Ehrenmitglieder Philipp Gans, Adolf Caspari, Karl Heß, Fritz Buhl, Philipp Wildberger und schließlich der Turner Adolf Kirberger, Philipp Kunz, Jakob Ernst und M. Cronrath, die in ihren Jugendjahren manche Siegespalme für ihren Verein errungen haben und heute noch, wo sie älter geworden sind, dem Verein ihr volles Interesse bewahrt haben. Zuletzt wollen wir auch noch des im vorigen Jahre leider allzu früh von uns geschiedenen Turnwarts Fritz Tönges gedenken, auf den unser Verein große Hoffnungen gesetzt hatte.“
Namen, die heute noch in Bendorf bekannt sind!
Eine kleine Episode soll noch erwähnt werden, die für manchen das Fest erst recht unvergesslich machte: Am Abend trat auf dem Festplatz die Vallendarer Damenriege auf. Das wollte sich keiner entgehen lassen und zahlreiche Besucher erstiegen die eigens errichtete Tribüne. Mit solch einer Belastung hatte man wohl nicht gerechnet und krachend brach das Holzbauwerk zusammen. Obwohl einige 2 m tief herabstürzten, wurde niemand ernstlich verletzt und so setzte man das Fest bis tief in die Nacht hinein fort.
Einigung
In den 30iger Jahren wurden die Streitigkeiten zwischen den beiden Turnvereinen beigelegt. Druck von „höherer Instanz“ bewirkte ein Zusammengehen der beiden, was sich als förderlich erweisen sollte. Das Turnen in Bendorf erlebte in dieser Zeit einen enormen Aufschwung. Zu den bekanntesten Turnern dieser Zeit gehörten: Peter Schmidt, Josef Klöckner, Peter Basten, Josef Kamp, Willi Debrich, Robert Lenz, Hans Hundhausen, Alois Basten, August Mevissen, Adolf Caspary, Josef Maury, Emil Klimpel, Hermann Herzog, August Lohrum, Willi Wambach, Jakob Bogler, Toni Weber, Otto Kellen, Willi Hollerbach, Paul Haberkorn, Hans und Fritz Meder, Gottfried Schumacher, Hanne Gering, August Kambeck, Otto Singele und viele andere.
Zwei ganz große Sportler seien hier besonders aufgeführt:
Josef Klöckner, der als Sprinter bis zum den Olympia-Prüfungskämpfen vorgedrungen war! Sein persönlicher Rekord stand auf 10,8 sec über 100 m. 11,0 sec lief er jederzeit, eine Spitzenleistung, auch international gesehen. Bis heute blieb seine Zeit Bendorfer Stadtrekord!
Vor allem aber muss Thea Klingenberg genannt werden, die Frau, die dem Bendorfer Turnleben Impulse gab. Im Jahre 36 gehörte sie zur Olympia-Kernmannschaft und fast wäre es ihr gelungen, mit der deutschen Frauenriege antreten zu dürfen. Sie zählte lange Jahre zu den besten Turnerinnen Deutschlands. Als hervorragende Turnpädagogin ist sie sicher noch vielen ehemaligen Schülern bekannt. Neben ihrer Tätigkeit im Verein übte Thea Klingenberg noch das Amt der Frauenwartin des Sportbundes Rheinland aus.
Aufbauarbeit nach dem 2. Weltkrieg
In die Zeit nach dem 2. Weltkrieg fällt die große Aufbauarbeit Werner Klingenbergs. Seine Gattin Thea, eben erwähnt, gründete eine Frauenriege, die zu den besten des Rheinlandes zählt. Werner Klingenberg trainierte Hand- und Fußballer, die zunächst noch alle in der Sportvereinigung zusammengeschlossen waren. Da fast jeder Turner gerne und gut Handball spielte, lag der Zusammenschluss nahe. Schon vor dem Kriege hatte es Verbindungen zwischen Handball- und Turnabteilung gegeben.
Kurz nach dem Kriege schon zählten die Handballer einige hervorragende Leichtathleten in ihren Reihen, Paul Hickmann, Fritz Heuchemer, Josef Klöckner, Karl Krämer, Willi Lohrum, Heinrich Olef und Paul Schmengler taten sich als Sprinter und Weitspringer besonders hervor. Willi Neuhaus und Werner Wolf gehörten lange Jahre zu den besten Sprintern des Rheinlandes.
Einen enormen Aufschwung nahm die Turnerschaft in den 60er Jahren. Die schönen Erfolge der Abteilungen, die Wettkampfsport betreiben, aber auch die rege Teilnahme in den Ausgleichssport- und Trimmgruppen wären undenkbar ohne die Unterstützung durch die Stadt Bendorf.
Für die älteren Bendorfer ist klar, warum dieses Lob gerade an der Stelle steht: Die Errichtung der Turnhalle an der Seilerbahn und der Bau des Rheinstadions fallen in diesen Zeitraum. Der damalige Bürgermeister Bauer hatte sich zum Ziel gesetzt, diese Halle zu bauen. Nach einigen erregten Ratssitzungen gelang es den Handballern sogar, ihr „Wunschmaß“ von 18 x 30 m durchzusetzen, obwohl die Halle zunächst ein Stück kleiner geplant war. Welch ein Glück bedeutete dies für die Entwicklung des Handballersports in unserer Stadt!
Als Kuriosum sei noch erzählt, dass die Bendorfer Zeitung in einem Bericht aus dem Jahre 1969 schon über Schwierigkeiten bei einem Leichtathletiksportfest im neuen Rheinstadion berichtete. Unklare Laufbahnmarkierungen und fehlende Beschilderung der Startlinien an der Innenkante führten zu Uneinigkeiten, wo denn nun genau gestartet werden müsste! Das Problem sollte sich als äußerst langlebig erweisen, bis heute ist es jedenfalls noch nicht gelöst.
Gemeinsames Tun fördert den Zusammenhalt
Was wäre ein Verein ohne Geselligkeit? Gehört zur Erholung nicht auch das Beisammensein mit Gleichgesinnten, das Gespräch nach dem Training? Ist es nicht auch notwendig, einmal dem Alltagstrott zu entfliehen und in der Gemeinschaft etwas zu unternehmen? Auch hierin sieht die Turnerschaft eine wichtige Aufgabe. Freizeit soll nicht nur Konsum sein, nicht nur Erleben aus zweiter Hand, nämlich aus dem Fernseher, sondern aktive Gestaltung und Geselligkeit. Hier ist der Ort, einmal an viele schöne Stunden, an lustige Erlebnisse der letzten Jahre zu erinnern…
Es würde die Festschrift zu einem dickleibigen Folianten anwachsen, wollte man alle Begebenheiten berichten: Fahren mit dem Bus an die Mosel, ins Gelbachtal, an die Loreley, Freizeiten für die Jugend, Nikolausfeiern, an denen meist über 300 Kinder teilnahmen, Maskenbälle – damals noch beim Adt – Teilnahme an Karnevalszügen, Wanderungen an Christi Himmelfahrt durchs Wenigerbachtal nach Grenzau, später zur Ponderosa, und vieles andere mehr.
Stellvertretend sei hier zunächst berichtet vom Kirschenfest.
Wie fast jedes Jahr traf sich der Vorstand auf dem Grundstück von H. Kamp auf dem Goldberg, um dort eine etwas lockere Vorstandssitzung durchzuführen. Hans Kamps Kirschen, groß, rot und süß, waren wirklich ausgezeichnet! Zu vorgerückter Stunde wurde die Idee geboren: Im nächsten Jahr laden wir die gesamte Turnerschaft mit ihren Freunden ein! Tatsächlich erinnerte man sich an diesen Beschluss, angesichts seines Zustandekommens fast schon erstaunlich! Rege Aktivität setzte im darauf folgenden Jahr ein.
Das Kirschbaumfeld wurde zur Festwiese umgestaltet, Lampions und Girlanden umgaben die Tanzfläche, alles war aufs beste gerichtet. Und die Gäste erschienen so unerwartet zahlreich, dass ausgebreitete Decken als Sitzfläche dienen mussten. Das sollte im nächsten Jahr nicht mehr passieren! Um allen die Gelegenheit zum Mitfeiern zu geben, plante der Vorstand 1966 ein Kirschenfest für den Abend, einen Frühschoppen am nächsten Morgen und einen bunten Nachmittag. 250 Sitzplätze waren vorbereitet, aber obwohl sich Vorausschauende Campingstühle mitgebracht hatten, saßen zahlreiche Gäste wieder auf Decken; ja sogar auf Pappkartons sitzend erfreuten sich viele an dem krönenden Feuerwerk.
Im Jahre 67, inzwischen hatte Frau Gerhardt ihre angrenzende Wiese zur Verfügung gestellt, standen 600 (!) Plätze bereit. Sie reichten nur knapp. Alle Abteilungen des TSB taten das ihre zu dem Fest, um die Gäste zu erfreuen.
Zeltlager im Brexbachtal
für viele Turnerschaftler eine tolle Erinnerung! Besonders an das Lager 1966 können sich die Teilnehmer gewiss noch erinnern. Heinz Willhardt organisierte generalstabsmäßig und plante, nichts konnte da schief gehen.
Die Bundeswehr stellte Zelte zur Verfügung, sogar eine komplette Feldküche mit dem notwendigen Bedienungspersonal rückte an, um für das leibliche Wohl der über 100 gemeldeten Jungen zu sorgen. Köstlich sind die in den Unterlagen festgehaltenen Briefe von Heinz Willhardt: Da wurde nichts vergessen, angefangen von täglich zu liefernden frischen Brötchen bis zu den Würstchen für das Lagerfeuer, alles musste von bester Qualität sein, sollte jedoch wenig kosten. Selbst die Verwaltung der Bundeswehr ließ sich erweichen und so blieb das Zeltlager für jeden erschwinglich. Zur Steinebrück sollte es diesmal auch gehen.
Aber das Wetter spielte wieder einmal nicht mit. Schon in den Jahren zuvor hatte der ein oder andere Lagerabend am großen Feuer im Zelt stattfinden müssen, dank entsprechender Planung dennoch von allen begeistert aufgenommen. In diesem Jahr traf es die Turner besonders hart. Bis in den späten Sommer hinein musste das Zeltlager immer wieder verschoben werden, weil ständiger Regen die Wiesen in Sumpf verwandelt hatte!
Die Ponderosa
Überhaupt schienen die Beziehungen der Turnerschaft zum Wettergott nicht die allerbesten zu sein. In der ganzen, doch schon langen Vereinsgeschichte gibt es wohl kein Jahr, in dem keine Veranstaltung von lang anhaltendem Dauerregen oder wenigstens von kurzen Wolkenbrüchen empfindlich gestört wurde. Den Vatertagsausflug nach Grenzau hat es lange Zeit geradezu regelmäßig verregnet, ganz regenfrei blieben die Zeltlager selten. Auch die Kirschenfeste bekamen häufig einen kräftigen Guss ab, einmal musste es sogar wegen Dauerregen verlegt werden! Man sieht, verregnete Sommer sind keine Erfindung der letzten Jahre.
Was lässt sich dagegen tun! Nun, man sorgte für ein Dach über dem Kopf. Die Idee zur Anlage der Ponderosa wurde auf der Jahreshauptversammlung von 1969 vorgetragen. Man fasste danach folgende Beschlüsse: Zunächst wird ein Grundstück gepachtet. Darauf werden ein Kleinfeldplatz und ein Zeltplatz angelegt. Eine große Wiese soll Feste im Freien ermöglichen. Vor allem aber soll eine feste Hütte mit Freisitz errichtet werden. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde das Gelände von der Familie Kamp erworben und ein Teil an den Verein verpachtet.
Der Bau der Ponderosa ist untrennbar mit dem Namen Hans Kamp, Josef Kettenbach und Heinz Willhardt verbunden. Unermüdlich haben sie sich für diese Idee eingesetzt. Von der Planung angefangen, bis zur tätigen Mithilfe am Bau, stets waren sie im Einsatz.
Dass die Turnerschaft sich so prächtig entwickelt hat, ist nicht zuletzt unserem langjährigen Vorsitzenden Hans Kamp zu verdanken.
Leider sind Hans Kamp und Josef Kettenbach zu früh von uns gegangen. Wir werden ihnen ein ehrendes Andenken bewahren und wir werden nicht vergessen, was sie für unseren Verein geleistet haben.
Wer könnte sich heute eine Turnerschaft ohne Ponderosa vorstellen? Nicht nur jedem Bendorfer ist sie ein fester Begriff. Die zahlreichen Trainingslager, Zeltlager, Sommerfeste, Vereins- und Abteilungsfeste , Grillabende, Karnevalsfeiern, wer könnte sie alle noch aufzählen?
Für jeden, der einmal in dieser herrlichen Anlage feiern durfte, verbinden sich schöne Erinnerungen an die romantische Hütte, idyllisch im Wald gelegen. Welche Planung, wie viel Verhandlungsgeschick, aber auch wie viel harte Arbeit notwendig war, bis alles so komfortabel eingerichtet war, lässt sich kaum ermessen.
Jeder, der dort zu Gast ist, sollte gelegentlich daran denken, dass hier männliche und weibliche Mitglieder des Vorstandes – immer tatkräftig unterstützt von ihren Frauen – freiwillig viele Stunden geopfert haben, damit andere Bürger schöne Stunden verleben können und dass auch heute noch freiwillige Helfer dieses Haus instandhalten. In einem Verein aktiv sein heißt auch, seinen Gemeinsinn beweisen!
Aber um zum Ausgangspunkt zurückzukehren: Nicht nur, dass die Hütte für Feiern in der kühleren Jahreszeit beheizbar und mit Strom versorgt ist, sie verfügt auch über einen großen, vorsichtshalber überdachten Freisitz für die zahlreichen Sommertage, an denen es regnet!
Die einzelnen Abteilungen: Turnen, Handball, Leichtathletik
Abteilung Turnen
Natürlich muss dieses Kapitel mit der Darstellung der Abteilung Turnen beginnen, ist sie doch sozusagen die Mutter des Vereins.
Schon in den Gründungsjahren betrachtete man das Turnen nicht einseitig als Geräteturnen, sondern als Bildung des ganzen Menschen. Dennoch lagen die Schwerpunkte über viele Jahre hin beim Boden- und Geräteturnen. Eine große Schar von Turnern betrieb diesen Sport als Schulung für den Körper, Turnwettkämpfe und Turnvorführungen fanden großes Zuschauerinteresse.
In den 60er Jahren begann eine Entwicklung, die der Turnbewegung sicher nicht diente: Das Leistungsturnen entfernte sich immer schneller und weiter von dem „einfachen“ Wettkampfturnen, von dem Vermögen der Durchschnitts- und Hobbyturner ganz zu schweigen. Es genügt völlig, sich heute eine der Athletinnen beim – fälschlicherweise so genannten Frauenturnen im Spitzenbereich anzusehen, um das Ergebnis dieser Entwicklung demonstriert zu finden. Kinder werden durch ein Training, dessen Dauer und Intensität kaum ein Erwachsener durchstehen könnte, zu artistischen Höchstleistungen getrieben. Zwar lässt sich über Geschmack immer streiten, aber die dem Turnen eigene Ästhetik hat dadurch gewiss nicht zugenommen. Entsprechend verlor das Spitzenturnen seine Vorbildfunktion für die Turnjugend, und die Zahl der aktiven Turner sank zunächst kräftig.
Anfang der 70er Jahre aber besann man sich auf alte Tugenden. Unter dem neuen Abteilungsleiter E. Fromm tat sich etwas, die Turnabteilung verzeichnete Zuwachs. Was war geschehen? Nun, die Erweiterung des Angebotes und die verschiedenartigen Trainingsgruppen fanden Zuspruch. Zwar vernachlässigte man das Turnen keineswegs, weiterhin turnten Kinder, Jugendliche und Erwachsene in verschiedenen Leistungsgruppen. Beachtliche Erfolge konnten erzielt werden! Davon später. Daneben, aber nicht nebenher, schuf man Trainingsmöglichkeit für die, welche nicht unbedingt im sportlichen Wettkampf ihre Kräfte messen wollten, diejenigen aber, die vor allem an Fitness, an Gesundheit, an Freude und Spaß bei Spiel und Bewegung dachten. Schon die Kleinsten sollten spielerisch mitmachen dürfen. Beim Mutter-und-Kind-Turnen besonders gilt die Devise „jung gewohnt, alt getan“! In unserer bewegungsarmen Zeit kann man den Kindern nicht früh genug Bewegungsanreize und Bewegungsmöglichkeiten bieten, um ihnen Freude am sportlichen Tun zu vermitteln, aber auch um Haltungsschäden und mach andere Zivilisationskrankheit zu verhindern.
Ab dem 6. Lebensjahr können Mädchen und Jungen dann am „Allgemeinen Turnen“ teilnehmen. Auch hier steht nicht der Wettkampfgedanke im Vordergrund. Vielfältige Übungen schaffen in diesem Alter die notwendige Basis, auf der später alle Sportarten aufbauen können. Mit ersten Übungen an Geräten, mit Gymnastik, mit Tanzen aber auch durch Spiele werden Gewandtheit, Kraft, Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit gesteigert. Es gibt kaum eine Sportart, für die eine solide turnerische Ausbildung nicht die ideale Grundlage darstellt!
Die talentierten jungen Turner können in diesem Alter schon in Aufbau- und Leistungsriegen gefördert werden. Hier sollen Fertigkeiten am Gerät erreicht werden, hier wird auch gezielt auf den Wettkampf vorbereitet. Schon in der Aufbauriege gehören Ehrgeiz und Trainingsfleiß unbedingt dazu. Aber ist es nicht etwas Schönes, wenn man merkt, wie die Kraft zunimmt, wie man schwierige Übungen immer sicherer beherrscht, wenn sich Erfolge in Wettkämpfen einstellen? Sicher, Leistungswille und Leistungsbereitschaft sind neben körperlichen Voraussetzungen unabdingbar für einen Turner, ja für jeden, der leistungsbetont Sport treibt. Man muss diese Mischung aus Stolz und Zufriedenheit, nennen wir es ruhig Glück, erlebt haben: Man hat hart trainiert, man hat sich von Fehlschlägen nicht entmutigen lassen, bestimmte Teile einer Übung ständig wiederholt und auf einmal klappt es fehlerfrei! Seit 1973, seit der Gründung der Trainingsgemeinschaft Bendorf-Weitersburg, in die alle Leistungsriegen integriert sind, beweisen die Erfolge die Richtigkeit des Konzeptes. Die Anzahl der Jungen und Mädchen beweist, dass Leistungsturnen Spaß machen kann, wenn es nicht zu den eingangs erwähnten Auswüchsen kommt.
Um es noch einmal deutlich zu sagen: die Abteilung Turnen bereitet nicht nur auf das wettkampfmäßige Leistungsturnen vor, deshalb erscheint die Übersicht mit den erzielten Erfolgen erst später, obschon sie gewiss vorzeigbar sind! Zunächst sei noch kurz aufgeführt, was sich außerhalb des Turnbetriebes tut.
Immer beliebter werden bei den Mädchen die Ballettgruppen. Schon Achtjährige können mitmachen, mit 12 Jahren hat man dann schon eine Menge gelernt und wechselt zu den Großen. Dieser bezaubernde Sport verlangt eine Menge an körperlicher Tüchtigkeit, bevor alles so leicht und schwebend aussieht! Dafür ist den Mädchen auch bei jedem öffentlichen Auftritt der Beifall des begeisterten Publikums sicher. Dafür nimmt man gerne das Training in Kauf, vor allem, wenn es auch noch interessant ist! Und wer weiß, vielleicht wird aus der ein oder anderen kleinen Ballettratte später einmal eine Spitzentänzerin! Wenn das kein Ziel ist, für das es sich zu üben lohnt!
Bleiben wir beim Tanzen. Die unermüdliche Winny Necker, die in vielen Mädchen die Begeisterung für das Tanzen geweckt hat und die als Ballettmeisterin ihren Gruppen ein fundiertes Trainingsprogramm anbietet, hat darüber hinaus noch eine Show-Tanz-Gruppe ins Leben gerufen. Man sieht wieder einmal, dass Turner bzw. Turnerinnen keine weltfremden Sonderlinge sind, sondern mit beiden Beinen mitten im modernen Leben stehen. Da versteht es sich beinahe von selbst, dass die Aerobic-Welle nicht spurlos an der Turnerschaft vorbeirauschen konnte. Auch Aerobic, diese anstrengende Mischung aus Tanz und rhythmischer Gymnastik, wird in der Abteilung Turnen betrieben. So schön und locker eine Aerobic-Demonstration aussieht, so anspruchsvoll ist dieser Sport. Ausdauer und Gelenkigkeit werden gefördert, Spaß an der Musik, Gefühl für den Rhythmus und Freude an tänzerischen Ausdrucksformen gehören dazu, ebenso allerdings Konzentration. Es lässt sich behaupten, dass Aerobic die Konzentrationsfähigkeit durchaus fördert!
Die Freunde des Mannschaftssports spielen Volleyball mixed. Das gemeinsame sportliche Tun bereitet allen Altersgruppen viel Spaß. Hier steht weniger der Wettkampfgedanke im Vordergrund als die Freude an der Bewegung und am Spiel mit dem Ball. Und, wie die Bezeichnung „mixed“ ausdrückt, die Leute spielen in gemischten Mannschaften. Auch hier hat die Turnerschaft die engen Pfade der Vergangenheit verlassen, heute geht man unverkrampfter miteinander um.
Als letzte Gruppe sei eine wichtige Stütze des Vereinslebens genannt; unsere Trimmis. Natürlich wird trainiert, Gymnastik ist obligatorisch, Circle-Training sorgt für die Durchbildung des gesamten Körpers, der meiste Schweiß wird jedoch bei den verschiedenen Ballspielen vergossen. Ob Hockey, (Hallen-)Fußball oder Prellball, hier wird mit Einsatz – nein, nicht gekämpft – gespielt! Denn die Herren im Alter zwischen 25 und 70 Jahren, die sich dort zusammengefunden haben, achten zunächst auf den Spaß an der Sache und auf Gesundheit. Besonders die Trimmis pflegen eine gute Kameradschaft untereinander.
Zurück zu denen, die Turnen als Wettkampfsport betreiben. Vor allem nach der Gründung der Trainingsgemeinschaft Bendorf-Weitersburg stellten sich zahlreiche Erfolge ein. Alle diese schönen Leistungen im Einzelnen zu beschreiben, würde den Rahmen dieser Schrift sprengen. Daher an dieser Stelle zunächst eine tabellarische Übersicht über die erreichten Plätze bei den Gaumannschafts-meisterschaften in den einzelnen Jahren. Die Mannschaften der Mädchen und Jungen werden in verschiedenen Leistungsstufen bewertet, so kommen z. B. mehrere „erste Plätze“ zustande.
Platzierungen von Mannschaften der TG Bendorf-Weitersburg bei den Gaumannschaftsmeisterschaften. Häufig nahmen Vertreter der Turnerschaft an Deutschen Turnfesten teil, genannt seien hier die Städte Stuttgart, Hannover und Frankfurt als Ausrichter eines großen Deutschen Turnfestes. Anlässlich eines solchen Festes finden Meisterschaften im Orientierungslauf statt, hier konnte die Frauenmannschaft der Turnerschaft Bendorf schon zweimal deutscher Vize-Meister werden, erstmalig 1975 in der Besetzung Schumacher, Weikert und Schön. Diese Namen finden hier deswegen Erwähnung, weil Frau Schumacher in dieser Disziplin noch viele ausgezeichnete Plätze erreichte, so wurde sie etwa 1984 in Mainz Rheinland-Pfalz-Meisterin im Orientierungslauf.
Zahlreiche gute Turner, vor allem einige ausgezeichnete Turnerinnen der letzten Jahre verdienten, ebenfalls in dieser Schrift erwähnt zu werden, aber um alle Namen und Einzelplatzierungen aufzuführen, fehlt der Platz. Deshalb soll die Darstellung der Abteilung Turnen mit einem Bericht von der Ausrichtung des Gau-Kinderturnfestes im Jahre 1976 schließen:
Nach langen Verhandlungen war es der Vereinsführung wieder einmal gelungen, eine turnerische Großveranstaltung nach Bendorf zu bekommen. Abteilungsleiter Eberhard Fromm und seine Helfer hatten im Rheinstadion alles vorbereitet, damit das Fest für die 2000 teilnehmenden Kinder eine wunderschöne Erinnerung werden sollte. Die Geräte waren aufgebaut, die zweitausend Kinder und zahllose Betreuer standen zum Einmarsch bereit, da setzte ein sintflutartiger Regen ein! Der Wolkenbruch dauerte eine endlos lange Stunde und anschließend stand alles unter Wasser. Zwar hatte man die Geräte abgedeckt, aber aus den zahlreichen Turnmatten troff die Nässe, die Aschenbahn glich einem Wassergraben. Da half auch der nun einsetzende strahlende Sonnenschein nicht mehr, das Fest musste abgesagt werden.
Wie schon gesagt, nicht immer stand der Wettergott auf Seiten der Turnerschaft!
Abteilung Handball
Die Handballmannschaften der Turnerschaft Bendorf sorgen seit langem für einen großen Bekanntheitsgrad ihres Vereines. Leider hat es die erste Mannschaft ausgerechnet im Jubiläumsjahr nicht geschafft, in der Regionalliga zu verbleiben. Wer die Presseberichte verfolgt hat, wird sich selbst ein Bild machen können über die Ursachen, die nach nur einer Spielsaison in der höchsten Amateurklasse zum Abstieg führten. Der Misserfolg der ersten Mannschaft soll aber nicht die Erfolge der anderen zudecken: der Aufstieg der zweiten Mannschaft und die Erfolge der Jugendmannschaften. Gerade an die Erfolge der Jugendmannschaften ist man derart gewöhnt, dass man sie schon als beinahe selbstverständlich ansieht. Seit Jahren sind die Jugendmannschaften der Turnerschaft Bendorf bei den Besten!
Wie kam es zu der Entwicklung dieses schnellen, dynamischen und athletischen Spieles, warum hat es gerade in Bendorf so zahlreiche Anhänger gefunden? Nun, wer einmal ein Leichtathletik-Training absolviert hat, dem ist es nicht unbekannt, dass am Abschluss eines Trainings häufig ein gemeinsames Ballspiel steht. Auch die Individualsportler, die sonst immer einzeln kämpfenden Leichtathleten, „spielen“ gerne mit und in einer Mannschaft. Gerade Handball bietet sich dazu an. Sprint-, Sprung- und Wurfkraft sollte ein Leichtathlet besitzen, für die Kondition hat er meistens auch schon etwas getan, reaktionsschnell müssen vor allem Sprinter und Mehrkämpfer sein, wenn sie Erfolg haben wollen. Nimmt man all diese Eigenschaften zusammen, dann hat man schon einen durchaus brauchbaren Handballer.
So ist es nicht verwunderlich, dass mit dem Aufstieg der guten Bendorfer Leichtathleten in den 20er und 30er Jahren auch der Handballsport seinen Aufschwung nahm. 1922 gründete die Turnerschaft Bendorf ihre erste Handballmannschaft und der Spielbetrieb konnte beginnen. Für die jüngeren Leser muss noch gesagt werden, dass damals ausschließlich Feldhandball gespielt wurde.
In den 30er Jahren hatte der Handballsport einen derartigen Aufschwung genommen, dass man schon in A-, Bezirks- und Gauklassen spielte. Zu der Zeit entwickelte sich Bendorf zu einer Handball-Hochburg und fast immer fuhren die Gäste als Verlierer aus Bendorf nach Hause, denn auf der ganzen rechten Rheinseite konnte es kein Verein mit den Bendorfern aufnehmen. In einem wahren Sturmlauf stieg die erste Mannschaft der Turnerschaft nacheinander von der A-, in die Bezirks- und von dort in die Gauklasse auf! Dort hielt man sich, ohne auch nur einmal abzusteigen, bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges, der eine weitere Ausübung des Handballsports verhinderte.
Wenn eine Mannschaft derart erfolgreich ist und über Jahre hinweg in einer hohen Spielklasse bleiben will, dann benötigt sie eine breite und feste Grundlage. Von Anfang an wurde daher konsequent Jugendarbeit betrieben, ferner fand jeder Handballfreund eine Mannschaft, in der er gemäß seiner Fähigkeiten und Interessen spielen konnte. Das soll noch gesagt sein: Aktiver Spieler in einer der Wettkampfmannschaften zu sein, das bedeutet, damals mehr als heute, ein großes Engagement und vollen Einsatz! Schon 1946 spielte man wieder Handball. Allerdings schloss man sich zunächst der Spvgg Bendorf 1911 e. V. an, da die Militärregierung noch keine Genehmigung zur Neugründung von Turnvereinen erteilt hatte. Im ersten Jahr erreichte man gleich den zweiten Preis in der Bezirksklasse. Andere Klassen gab es noch nicht, da erst wenige Vereine Mannschaften aufgestellt hatten.
Im darauf folgenden Jahr hatte sich die Bendorfer Mannschaft soweit eingespielt, dass sie Bezirksmeister wurde! Um die gleiche Zeit gab es noch einen weiteren Wettbewerb, nämlich die verbandsoffenen Pokalspiele des Handballverbandes Rheinland. Es gelang der Bendorfer Mannschaft, sich für das Endspiel zu qualifizieren, das auf neutralem Platz in Niederlahnstein ausgetragen wurde. Über 4000 Zuschauer sahen dieses Spiel, davon alleine 1500 Anhänger aus Bendorf! Wenn auch die Bendorfer verloren, so war doch keiner der Zuschauer enttäuscht. An ein ähnlich hochklassiges Spiel konnte sich niemand erinnern und Presse wie Rundfunk waren hinterher des Lobes voll über diese Werbung für den Handballsport.
Die hier gezeigte Erfolgself bewies ihre Stärken auch auf anderen Gebieten. Sie pflegten – und pflegen noch – eine tolle Kameradschaft und die zahlreichen Freundschaftsspiele bleiben unvergesslich, ebenso die sich anschließenden Feiern. Hier ist die Stelle, wo einfach Alzey genannt werden muss. Geschichten und Legenden ranken sich um die Begegnungen mit dem SSC Alzey.
Die Turnerschaftler fuhren einst mit einem klapprigen Holzvergaser-LKW als Mannschaftsbus ins Rheinhessische. Dort angekommen, zählte der Gastgeberverein die Mannen, die von der Ladefläche krabbelten und meinte bedauernd, man habe für das Freundschaftsessen nach dem Spiel Portionen für die doppelte Anzahl Gäste bestellt. Und das in einer Zeit, in der Hamsterfahrten und Hungerschieben noch an der Tagesordnung waren! Da bewies ein Spieler aus Bendorf seine Reaktionsschnelligkeit und ohne eine Sekunde des Zögerns stellte er fest: „Mir esse für die annere met!“
Am Rande sei noch an eine abenteuerliche Heimfahrt mit dem oben erwähnten Gefährt erinnert: Reichlich hatte die Alzeyer Vorräte ihres köstlichen Weines mitgegeben, um die lange Heimreise zu versüßen. So trug man es mit Fassung, als unterwegs der Wagen zu streiken begann. Nur die artistischen Einlagen mutiger Mitfahrer, die dem Motor während der Fahrt ständig Kühlwasser einflößten, ermöglichten ein Weiterfahren. Erst gegen Morgen erreichte man in bester Laune den heimatlichen Flecken und dann ging es dann gleich zur Arbeit.
Nach einer ersten Neuorientierung der Spielklassen im Jahre 1951 wurden die Mannschaften des Handballverbandes Rheinland 1954 eingeteilt in Kreisklassen, Landesliga und Oberliga. Dabei wurden die Bendorfer in die Landesliga eingereiht, wo sie auf bekannte alte Rivalen trafen: TV Bad Ems, TG Boppard, TV Güls, TuS Horchheim, SV Kobern, RW Koblenz, TV Metternich, TV Moselweiß, TuS Neuendorf und TV Vallendar. Namen, die auch heute noch einen guten Klang haben.
Drei Jahre lang versuchten die Bendorfer vergeblich, in die höchste Spielklasse aufzusteigen. Zweimal beendete man die Saison mit dem undankbaren zweiten Platz, bis man endlich in der Spielzeit 57/58 Meister der entsprechenden Landesliga wurde. Das war die Eintrittskarte für die Qualifikationsrunde und die Männer um Jupp Klöckner nutzten ihre Chance, der Aufstieg in die höchste Spielklasse gelang.
Allerdings konnte sich die erste Handballmannschaft der Spvgg Bendorf nur eine Saison in der Oberliga Rheinland halten. Erfahrung und technisches Rüstzeug der Spieler reichten nicht aus, um gegen die starken Gegner bestehen zu können. Wenn auch einige Spiele auf dem Sportplatz an der Werftstraße nur sehr unglücklich verloren wurden, so war man sich doch darüber einig, dass der Aufstieg einfach zu früh gekommen war. So stieg man wieder ab in die Landesliga.
Das Jahr 1960 verdient aus mehreren Gründen besondere Beachtung. Die Handballabteilung unter ihrem rührigem Abteilungsleiter Jakob Kamp beschloss, aus der Spvgg auszutreten, was auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung auch gebilligt wurde. Einen Monat später schloss man sich der Turnerschaft Bendorf an, aus der die Handballer ja hervorgegangen waren. Nur die Nachkriegswirren hatten damals ein direktes Zusammengehen verhindert. Rückblickend lässt sich sagen, dass die Entscheidung der Handballer sicher richtig war.
Ins gleiche Jahr fällt die Einweihung der Turnhalle an der Seilerbahn und weil die Handballer, wie zu Anfang dieser Schrift schon erwähnt, den Stadtrat für den Bau einer ausreichend großen Halle gewonnen hatten, konnten jetzt endlich Hallenhandballspiele ausgetragen werden. Die „neuen“ Turnerschaftler legten sich ins Zeug, sie meldeten vier Mannschaften für die Hallenhandball-Saison 1960/61. Dabei spielte die erste Mannschaft in der Landesliga, die zweite in der Bezirksklasse und die dritte in der Kreisklasse, während die I. A-Jugend in der Jugendklasse startete. Gleich im ersten Jahr kamen alle Seniorenmannschaften auf vordere Plätze !
Im Jahr darauf wurde die erste Frauen-Handballmannschaft aufgestellt, die in einigen Jahren ihre ersten Erfolge errungen haben wird. Zunächst trugen sie jedoch nur Freundschaftsspiele aus, um Spielpraxis zu gewinnen. 1966 jedoch wurden die Handballerinnen schon Bezirksmeister, 1967 verteidigten sie ihren Titel und in der Saison 1969/70 holten sie sich ihn wieder. Im gleichen Jahr errangen sie darüber hinaus den Titel des Rheinlandmeisters im Kleinfeldhandball. Für diese Leistung erhielten die beteiligten Spielerinnen aus der Hand des damaligen Bürgermeisters Karl Schön die Ehrenplakette der Stadt Bendorf.
Doch zurück zu den Herren. Ihre Erfolgskurve zeigte nicht immer derart steil nach oben. Ende der 60er Jahre schließlich hatte man eine schlagkräftige Truppe zusammen.
So kann 1970 wohl als das bisher erfolgreichste Jahr in der Handballgeschichte der Turnerschaft Bendorf bezeichnet werden. Die erste Mannschaft wurde Meister der Landesliga Rheinland im Hallenhandball. Dieser Titel war die Eintrittskarte für die Regionalliga West. Die A-Jugend wurde Rheinlandmeister im Hallenhandball und Meister der Staffel II. Bei so viel Erfolg wollten auch die Damen nicht zurückstehen. Sie wurden Meister der Frauen-Bezirksklasse und Rheinlandmeister im Kleinfeldhandball. Unsere Damen konnten jedoch nicht nur im Handball überzeugen. Zugunsten der „Aktion Sorgenkind“ spielten sie gegen die Damenmannschaft Plaidt -Fussball! Hedwig Süßmeyer im Tor der Bendorfer Auswahl erwies sich als unbezwinglich, ihre tollen Paraden ermöglichten den verdienten 3:0-Sieg.
Die folgenden Jahre lassen sich mit Fug und Recht als die goldene Zeit des Bendorfer Handballs bezeichnen. Die neu erbaute Sporthalle in der Bitz besaß die internationalen Maße und den Raum für viele Zuschauer. Die Spiele dieser Zeit waren immer gut besucht, jederzeit kamen die Fans allerdings auch auf ihre Kosten, denn die bekannt wurfstarken Bendorfer lieferten mitreißende Spiele. Jahr für Jahr platzierte man sich auf einem vorderen Tabellenplatz in der Regionalliga. Leider zeichnete sich im Jahre 1974 der Niedergang ab. Einige bekannte Leistungsträger verließen den Verein, andere standen aus Altersgründen nicht mehr zur Verfügung. Die Mannschaft wurde mit Spielern der A-Jugend ergänzt, so dass nach dem letzten Spiel der Klassenerhalt nochmals geschafft wurde. Der Abstieg in die Oberliga war jedoch nur um ein Jahr verschoben, 1976 war er besiegelt. An dieser Stelle muss noch einmal gesagt werden, dass während des ganzen Zeitraumes die Jugendarbeit nicht vernachlässigt wurde. Für die Jugendmannschaften war 76 kein schwarzes Jahr, erreichte doch die D-Jugend den Staffelsieg, C- und B-Jugend verfehlten ihn nur knapp.
Zwar gelang der ersten Mannschaft 1976 noch einmal der Aufstieg in die Regionalliga West, aber wieder warf der Weggang einiger Spieler die Turnerschaftler zurück. Mit den verbleibenden Spielern, die ihrem Heimatverein die Treue hielten, strebte man als realistisches Ziel den Klassenerhalt in der Oberliga an.
Vielleicht ist hier die Gelegenheit, in der Darstellung der sportlichen Ereignisse einen Moment inne zu halten und des Mannes zu gedenken, der über Jahre hinweg für die Geschichte der Handballabteilung verantwortlich zeichnete: Paul Schmengler. Er, der allzu früh verstarb, musste 1979 sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegen. Die Handballer, ja die ganze Turnerschaft Bendorf verdankt im viel.
Trotz erfreulicher Ergebnisse im Jugendbereich, zu denen inzwischen auch die Mädchen-Handballmannschaften beitrugen, endete die Saison 1980/81 mit einem Fiasko. Die Steigerung in der Rückrunde reichte nicht aus, die Fehler und Versäumnisse der Hinrunde auszugleichen, man musste den Abstieg hinnehmen. So mussten die Jugendmannschaften im nächsten Jahr den Ruf der Bendorfer Handballer aufpolieren und das gelang ihnen nicht schlecht. Zum wiederholten Male erzielte die D-Jugend den Staffelsieg. Das Glanzlicht setzte jedoch die A-Jugend, die Rheinlandmeister wurde. Im darauf folgenden Jahr brachte die Mannschaft das Kunststück fertig, den Titel des Rheinlandmeisters erfolgreich zu verteidigen.
Die Seniorenmannschaften überwanden ihr Tief schnell. Am Ende der Spielzeit 1983/84 stand nicht nur die zweite Mannschaft als Kreismeister und damit als Aufsteiger fest, auch die erste Mannschaft hatte die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllt. Die 511 Tore, die man in der abgelaufenen Saison erzielt hatte, brachten das gewünschte Ergebnis -den Aufstieg in die Oberliga. Ohne Verzögerung erreichte die erste Mannschaft im nächsten Jahr wieder den ersten Platz und damit den Aufstieg in die Regionalliga! Wir alle wissen, wie es ausgegangen ist -sicher war der Sturmlauf zu anstrengend gewesen und der Aufstieg zu früh gekommen. Aber ebenso sicher wird die Mannschaft in der Oberliga ihr Bestes geben und mit Unterstützung der Bendorfer Anhänger muss die Rückkehr in die Regionalliga kein Traum bleiben.
Abteilung Leichtathletik
Bescheiden steht die jüngste und kleinste Abteilung der Turnerschaft Bendorf am Schluss, obwohl sie in den fast 20 Jahren ihres Bestehens durch hervorragende Leistungen auf sich aufmerksam machen konnte. Von Anfang an trainierte Abteilungsleiter Herbert Krupp die Leichtathleten, da wundert es nicht, dass sich bald auf Wettkämpfen Erfolge einstellten. Der Wettkampf, der Kampf gegen die Uhr und das Metermaß bestimmt die Leichtathletik. Immer noch gilt die klassische Devise „höher, schneller, weiter“, „Laufen ohne Schnaufen“ ist nie die Devise der Leichtathleten gewesen. Alle Disziplinen der Leichtathletik sind ihrer Natur nach auf Herausforderung und Wettkampf angelegt.
Eine solche Sportart verlangt eine Menge von dem, der sie ernsthaft betreibt. Das beginnt mit einem harten Training, zunächst mehr spielerisch und breit angelegt im Schülerbereich, dann aber zunehmend härter und gezielter im Jugendalter bis hin zur endgültigen Spezialisierung und dem wenigstens täglichen Trainingspensum im Erwachsenenbereich. Welch eine Selbstüberwindung gehört dazu, bei kühlem Nieselregen ein Lauftraining zu absolvieren! Selbst bei schönem Wetter fällt es oft schwer, die Strecke ein achtes, ein neuntes, ein zehntes Mal nach kurzen Zwischenpausen abzulaufen, aber bei kühlem Regen! Und es regnet gar nicht so selten…
An diesem kleinen Beispiel lässt sich der Beitrag des Leichtathletiktrainings zur Charakterschulung verdeutlichen: Man lernt, langfristig und ausdauernd planvoll auf ein Ziel hin zu arbeiten, man lernt seine Grenzen kennen, man lernt aber auch, sich selbst und seine Grenzen zu überwinden. Man erwirbt Durchhaltevermögen und ohne eine Portion Kampfgeist und „Biss“ geht es nicht. Leichtathleten sind Individualsportler, da kann sich niemand in einer Mannschaft verstecken, selbst in einer Staffel muss jeder alleine laufen. Keiner kann Fehler auf andere abwälzen, die eigene Leistung wird objektiv gemessen, ein Versagen wird sofort offenbar. Dennoch ist es kein Sport ausschließlich für harte Männer oder gar Spinner.
Ganz selbstverständlich ist nur eine relativ kleine Zahl von Sportlern bereit, bis hin zu überregionalen Vergleichskämpfen, bis in den Leistungsbereich vorzudringen, gar bis hin zur Aufnahme in die Bestenliste. Dafür ist eine Menge Trainingsfleiß nötig, Ehrgeiz und ein starker Wille müssen dazukommen, Talent darf natürlich nicht fehlen. So ist es verständlich, dass der Eintritt ins Berufsleben, die Dienstzeit bei der Bundeswehr oder die Eheschließung manches Talent dazu bringen, aus dem Wettkampfsport auszusteigen. Aber auch der -oder die-, der im bescheidenen Umfang trainiert, kann die Freude am eigenen Leistungsvermögen erfahren.
Man muss die Genugtuung erlebt haben, wenn es einem gelungen ist, die eigene Bestleistung zu verbessern! Man muss das Hochgefühl erlebt haben, wenn es endlich gelungen ist, jemanden zu besiegen, der sonst immer stärker als man selbst war! Allein für diese Augenblicke schon lohnt sich das Training.
Aber nicht nur diese seltenen Höhepunkte bereiten Freude. Ein Lauf im Wald in der Vorbereitungszeit, zusammen mit einer Gruppe Gleichgesinnter, ist ein herrliches Vergnügen, auch wenn das Tempo hoch und die Strecke anspruchsvoll ist. Selbst das tägliche Training, die kleinen Wettkämpfe der Sportkameraden „einfach so“ gegeneinander, all das bereitet jedem Sportler Spaß. Nach dem Training steht man ausgepumpt beieinander, jeder ist stolz auf das, was er heute geleistet hat. War es ein guter Tag, hat man das Programm locker absolviert, sich stark gefühlt, kommt geradewegs ein Hochgefühl auf; doch die Scherzworte der Kameraden beenden den Höhenflug und bringen einen wieder zurück auf den Rasen, ebenso richten sie jedoch den wieder auf, bei dem es heute nicht so geklappt hat. Ich muss mich wiederholen: Das muss man selbst erlebt haben!
Gibt es ein besseres Training für den Alltag, fürs Leben? Man gewinnt Freude an der eigenen Leistungsfähigkeit, man lernt, sich selbst ein wenig objektiver zu beurteilen, man erfährt das Hochgefühl, das ein Sieg mit sich bringt, man muss sich darin üben, mit Anstand zu verlieren.
Die Vertreter der Leichtathletikabteilung der Turnerschaft Bendorf fanden sich bald auf den vorderen Plätzen, das motiviert natürlich zu verstärktem Training. Ganz früh, Ende der 60er Jahre, tauchen zwei Namen besonders häufig auf: Herbert Daum und Klaus Nebendahl, beide herausragende Lauftalente. Damit ist auch schon die Richtung angedeutet, welche die Leichtathletikabteilung im Lauf der Jahre nahm -vor allem wird gelaufen, vom Sprint bis hin zur Langstrecke. Zwar werden im Schülerbereich alle Disziplinen der Leichtathletik als Grundlagentraining geübt, zwar gab es auch das ein oder andere ausgesprochene Mehrkampftalent, aber im allgemeinen waren es die Läufer, die den Namen der Turnerschaft in allen großen Stadien Deutschland bekannt machten.
Wenn man Volksläufe für eine Erfindung der letzten Jahre hält, sieht man sich beim Durchblättern der von Herbert Krupp gesammelten Unterlagen gründlich getäuscht. Im Gegenteil, Ende der 60er Jahre waren die Wald- und Volksläufe stärker besetzt als heute, Hauptklassen mit 300 Startern, Altersklassen mit jeweils 200 Läufern finden sich häufig. Auch die Resonanz bei den Zuschauern war um ein Vielfaches größer als heute. Die früher regelmäßig veranstalteten Parkläufe der Turnerschaft fanden stets vor dichtgedrängtem Publikum statt, jedes Abendsportfest lockte einige hundert Zuschauer an. So fanden die Wettbewerbe, die ab 1970 im Rheinstadion stattfinden konnten, immer ein reges Echo, denn eine gute Atmosphäre ist auch für Leichtathleten wichtig. Was damals bei den Läufern Rang und Namen hatte, startete in Bendorf: Lothar Hirsch, Peter Brühl, Wolfang Kaffei und Sigrun Schumacher seien hier stellvertretend genannt. Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass der Bau des Rheinstadions den Leichtathleten aller Bendorfer Vereine kräftigen Auftrieb gegeben hat. Und obgleich heute die Mehrzahl der Spitzenathleten auf Kunststoffbahnen trainiert, so beweisen doch die ausgezeichneten Ergebnisse der Bendorfer Läufer, dass ein Training auf einer gepflegten Aschenbahn durchaus erfolgreich sein kann! Allerdings lohnt es sich heutzutage nicht mehr, Abendsportfeste auszuschreiben, wenn „nur“ eine Aschenbahn zur Verfügung steht. Im Sprint- und Mittelstreckenbereich lassen sich Bestleistungen eben nur auf Kunststoffbahnen laufen und da es inzwischen ein relativ dichtes Netz leicht erreichbarer Sportstätten mit der entsprechenden Ausstattung gibt, ziehen die Läufer einen Start im Wettkampf eben dort vor. Für das Training ist jedoch die Aschenbahn vielleicht sogar besser geeignet, weil sie Bänder und Gelenke weniger belastet. So gepflegt die Bahn im Rheinstadion ist, ein Manko trägt sie schon lange -immer noch fehlen die Startmarkierungen an der Innenbahn!
Zu der Zeit, als im Bendorfer Stadion noch große Wettkämpfe ausgetragen wurden, gewannen vier Herren die Rheinland-Waldlaufmeisterschaften, die man fast alle heute noch im Park ihre Runden laufen sieht: Rheinlandmeister im Waldlauf der AK I: E. Seifert, A. Donges, H. Krupp, G. Spangenberger.
Im nächsten Jahr konnten diese Vier ihren Erfolg übrigens wiederholen!
Der Waldlauf war und ist eine Domäne der Bendorfer Läufer. Neben dem Rheinstadion stehen ihnen nämlich die vielen Kilometer herrlichster Waldwege in den Wäldern rings um Bendorf zur Verfügung und bei schlechtem Wetter geht es in „den Park“, wo sich inzwischen die Läufer in kleinen Pulks zum Training treffen. Eingeweihte kennen die Trainingsrunden, die häufig am Waldparkplatz nahe dem Albrechtshof beginnen: die große oder die kleine Albrechtshofrunde, die Botanische Gartenrunde, die Höhrer Runde, die Brexrunde und wie sie alle heißen. Nicht vergessen werden darf eine Steigung mit dem bedeutungsvollen Namen „Bermuda-Dreieck“ genannt, so benannt weil an dieser äußerst schwierigen Steigung so mancher Läufer aus dem Kreis seiner Kameraden verschwand und erst viel später wieder auftauchte …
So erreichten dann die jungen Turnerschaftler bei den Rheinland-Waldlaufmeisterschaften 1972 insgesamt 5 Titel! Besonders Margit Rehnelt und Christiane Weickert konnten damals überzeugen. In der Folge häuften sich die Titel, die von den Leichtathleten errungen wurden. Eine Übersicht am Schluss dieses Berichtes wird die wichtigsten Platzierungen aufführen, während im Folgenden nur noch die besonders herausragenden Ereignisse kommentiert werden sollen. So der Titel „deutscher Schülermeister im Crosslauf“, den Jürgen Kuhlmann erringen konnte. Er ist bisher der erste Turnerschaftler, der deutscher Meister wurde. Zusammen mit seinen Vereinskameraden Günter Seus und Joachim Gey belegte er bei diesen Meisterschaften auch noch den zweiten Platz mit der Mannschaft!
Unbedingt erwähnt werden muss auch noch der vierte Platz von Herbert Krupp bei den deutschen Seniorenmeisterschaften 1973 in Obersuhl. Seine damalige Zeit von 2:40,5 min über 1000 m ist bis heute von kaum einem Vierzigjährigen im Rheinland unterboten worden. Damals stellte sich ganz deutlich Rheinlandrekord dar! Trotz dieser ausgezeichneten Leistung wurmte es H. Krupp, dass gerade er, dessen Schlussspurt immer gefürchtet war und ist, im Endspurt nicht schnell genug war, um wenigstens die Bronzemedaille zu erzielen. Viele Jahre später erfüllte sich ein Traum für ihn. 1985 traf er anlässlich eines Seniorensportfestes im vereinseigenen Stadion des ASV Köln seine alten Gegner wieder! Wie es der Zufall will, haben alle vier über 1500 Meter gemeldet. Das sprach sich natürlich schnell herum und einer der inzwischen 50jährigen zieht seine Meldung zurück, um dieser Auseinandersetzung zu entgehen. Bleiben noch drei ehemalige Endlaufteilnehmer übrig, alle voll austrainiert, motiviert bis in die Haarspitzen, nervös wie junge Sprinter- und alle klagen sie! Jeder hat Schmerzen, ist krank, konnte seit Wochen nicht trainieren, hat ein absolutes Formtief, will nur zum Spaß laufen, aus Freude an ein bisschen Bewegung. Keiner will zugeben, wie viel ihm dieses Rennen bedeutet. Da, der Startschuss fällt und sofort setzen sich diese drei ab, eben noch waren sie sterbenskrank, jetzt kann ihnen keiner der anderen Läufer folgen!
Bis zur letzten Runde sah alles wie nach Wiederholung des Obersuhler Laufes aus. Dann trat H. Krupp mächtig an. Vom dritten schob er sich zunächst relativ locker auf den zweiten Platz vor, aber der führende Läufer schien doch zu stark, ohne Schwierigkeiten konnte er seine Führungsposition in der letzten Kurve behaupten. Aber die Erinnerung an den Zieleinlauf von 1975 verlieh Herbert Krupp ungeheure Kräfte. Völlig unerwartet setzte er zu einem fulminanten Endspurt an, dem niemand widerstehen konnte und so durfte er endlich Revanche nehmen für Obersuhl! Zwar hat er nicht, wie manche behaupten, auf der ganzen Heimfahrt vor Freude gesungen, aber so vergnügt hat man ihn selten gesehen!
Damit wäre der Bogen zur Jetzt-Zeit geschlagen. All die exzellenten Leichtathleten, die nicht aufgeführt sind, sollen deswegen nicht böse sein, die „Talentschmiede Herbert Krupp“ produziert eben ständig gute Leute! Hier zeigt sich, wie wichtig der Einsatz eines qualifizierten Trainers schon im Schüler- und Jugendbereich ist. Das leistet ein großer Verein selten, da werden lieber fertige Spitzenleute abgeworben, während vom eigenen Nachwuchs kaum einer in den Spitzenbereich vordringt. Das ist bei der Turnerschaft gründlich anders!
Ein paar Namen seien erwähnt, die man in den Berichten der letzten zehn Jahre besonders häufig lesen kann: Jürgen Krupp, Peter Meinert, Ralf Donges, Birgit Fromm, Erich Merkler und Peter Schwenkmezger, dessen Rheinlandrekord über 1000 Meter in 2:37,2 min als A-Schüler im Jahr 1980 heute noch Bestand hat, seien hier stellvertretend genannt. Die Namen derjenigen, die zur Zeit in den Reihen der Turnerschaft Leichtathletik Erfolge erleben, dürften den meisten bekannt sein. Wie schon eingangs erwähnt, ist die Zahl derer, die das Training intensiv betreiben und die den Sport zu einem bedeutenden Teil ihres Lebens gemacht haben, natürlich gering. Bei der Turnerschaft sind es kaum mehr als zehn, was nicht heißt, dass nicht wesentlich mehr Sportler am Training teilnehmen, allerdings mehr oder weniger fleißig.
In der letzten Bestenliste des Leichtathletikverbandes Rheinland finden sich ganz vorne der überragende Peter Friedhofen, der in den Mittelstrecken auf dem Weg zur absoluten deutschen Spitzenklasse ist und der Nachwuchsläufer Matthias Fetz, der sich zu einem ausgesprochenen Langlauftalent entwickelt. Auch hier musste eine Auswahl getroffen werden; vor allem die Seniorenläuferin Barbara Unckell und die Seniorenläufer wurden etwas kurz behandelt, obschon die Turnerschaft nicht nur über ausgezeichneten Nachwuchs verfügt, sondern auch über recht flotte Senioren, die manchem Jugendlichen davonlaufen!
Nun aber die längst versprochene Übersicht über die Leistungen der Leichtathletikabteilung:
Anzahl der vom Deutschen Leichtathletik-Verband an Leichtathleten der Turnerschaft Bendorf verliehene Bestennadeln:
in Bronze: 15, in Silber: 18, in Gold: 6
Berufungen in Auswahl-Mannschaften:
In den letzten 15 Jahren starteten Turnerschaftler 38 mal in der Auswahl des Leichtathletikverbandes Rheinland, zuletzt Thomas Alshut, Peter Friedhofen und Matthias Fetz. Peter Friedhofen startete bereits im Trikot der Leichtathletik-Nationalmannschaft!
Platzierung in der Bestenliste:
Von 1970 bis 1985 haben sich Leichtathleten der Turnerschaft in der Bestenliste des Leichtathletik-Verbandes Rheinland folgender Maßen platziert.
Meistertitel:
Schier unübersehbar ist die Zahl der errungenen Meisterwürden. Selbst wenn Bezirksmeisterschaften nicht erwähnt werden, obgleich diese fürwahr nicht leicht zu erringen sind, bleibt immer noch eine stolze Zahl. Genau 60 Athleten errangen den Titel eines Rheinlandmeisters, 13 wurden Rheinland-Pfalz-Meister, 5 konnten Westdeutscher-Vizemeister werden. Insgesamt 19 Mal konnten sich Vertreter unseres Vereins unter den ersten Acht bei deutschen Meisterschaften platzieren!
Dies soll genügen, um die Leistungsstärke der Leichtathletikabteilung unter Beweis zu stellen. Mit Recht kann der Verein auf diese zwar zahlenmäßig kleine, aber äußerst erfolgreiche Abteilung stolz sein!
Ausblick
Ihren 125. Geburtstag feiert also die Turnerschaft Bendorf und das bei wirklich jugendlicher Frisch! Durch sein vielfältiges Programmangebot bietet der Verein Sportmöglichkeiten für jedes Lebensalter. So ist nicht zu erwarten, dass er wirklich einmal alt und schwach werden wird, er erneuert sich mit seinen Mitgliedern. Im Jubiläumsjahr sind es immerhin über 1000! Getragen von einer solch breiten Basis kann unser Sportverein getrost dem nächsten Jubiläum entgegensehen. Bis dahin werden junge Leute neue Ideen eingebracht haben, der Vorstand wird diesen neuen Gedanken ebenso offen gegenüberstehen wie in der langen zurückliegenden Zeit, ebenso sicher werden die meisten der heute geübten Sportarten auch dann noch gepflegt werden. 125 Jahre Vereinsgeschichte beweisen, dass die Turnerschaft Bendorf mit allem Optimismus in die Zukunft blicken kann.